14.08.2024

#SheTransformsIT ist eine im Jahr 2020 gegründete Initiative zur Förderung von Frauen in der IT-Branche. Unter der Federführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und des Digitalverbands Bitkom setzt sich #SheTransformsIT dafür ein, den Anteil von Frauen in der Digitalisierung zu erhöhen und ihnen Sichtbarkeit zu verschaffen. In ihrem Expertenbeitrag stellt Alexandrea Swanson, Managing Director von #SheTransformsIT, die Ziele und Erfolge der Initiative sowie die Herausforderungen und Pläne für die Zukunft aus ihrer Perspektive vor.

Im März 2023 durfte ich als Mitglied der deutschen Delegation an einer Konferenz der Commission on the Status of Women (CSW) der UN in New York teilnehmen. Frauen aus der ganzen Welt haben sich hier zum Thema „Digital Skills and Bridging the Digital Skills Gap“ ausgetauscht. Dabei standen etwa grundlegende Herausforderungen wie der Zugang zu digitalen Geräten für Frauen im Vordergrund. Das Event war zum einen ein besonderes Highlight und eine Ehre für mich. Zum anderen hat es mir gezeigt, wie weit die Welt in Sachen Chancengleichheit für Frauen in der Digitalisierung noch kommen muss und mir neue Motivation für mein Engagement in Deutschland gegeben.

Wenn es um den Anteil an Frauen in der Informatik geht, besteht hierzulande nämlich akuter Handlungsbedarf! Denn der liegt aktuell bei gerade einmal 17 Prozent, wie etwa die Computerwoche berichtet. Das reicht nicht aus, um die digitale Transformation, die unsere gesamte Gesellschaft betrifft, erfolgreich zu meistern.

Deshalb habe ich mir als Geschäftsstellenleiterin der Initiative #SheTransformsIT das Ziel gesetzt, mindestens 30 Prozent Frauenanteil in der IT-Branche zu erreichen. Erst ab diesem Punkt werden wir eine signifikante Veränderung im Sinne chancengleicher & diverserer Arbeitskultur, Prozesse und inklusiver Produktentwicklung bemerken.

Wir verfolgen dabei klare und ambitionierte Ziele, um die Rolle von Frauen in der IT-Branche zu stärken. #SheTransformsIT ist das Netzwerk für die zahlreichen bereits existierenden Netzwerke und Plattformen in Deutschland. Wir wollen diese Projekte, Einzelpersonen und verschiedenen Akteure aus Zivilgesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenbringen und Synergieeffekte nutzen.

Anteil von Frauen in der IT zu gering
Aktuell sind Frauen in der IT unterrepräsentiert. Ihr Anteil macht gerade einmal 17 Prozent aus. Bildquelle: Adobe Stock / Nina Lawrenson/peopleimages.com.

Mit Veranstaltungen und Projekten vor Ort nachhaltige Erfolge erzielen

Dafür setzen wir auf verschiedene Veranstaltungsformate und Initiativen vor Ort, die wir über unsere Initiativenlandkarte sichtbar machen. Eines unserer Herzensprojekte ist etwa die „Women of Tech Conference Germany“. Die erste Veranstaltung fand 2022 mit 70 Teilnehmenden auf dem HPI in Potsdam statt. In diesem Jahr konnten wir bereits über 300 Teilnehmende am ersten Tag begrüßen. Diese Konferenzen machen vielen Frauen Mut, selbst aktiv zu werden und eigene Projekte zu starten. Insgesamt haben wir in den letzten zwei Jahren über 70 Veranstaltungen organisiert. Besonders bewegend sind für mich die zwischenmenschlichen Begegnungen auf diesen Events. Sie zeigen mir, welche positiven Auswirkungen unsere Arbeit in der Praxis hat.

Denn oft hat man den Eindruck, man könnte nichts verändern – ob in unseren Unternehmen oder sogar gesamtgesellschaftlich. Aber das stimmt nicht! Sobald wir anfangen, Dinge selbst in die Hand zu nehmen, können wir nachhaltige Veränderungen bewirken. Veranstaltungen wie die „Women of Tech Conference Germany“ sind dafür da, Frauen zu zeigen, dass der Einstieg in die IT geht und wie sie selbst aktiv werden können. Eine Frau hat hier einmal zu mir gesagt: „Vor einem Jahr war ich auf eurer Women of Tech Konferenz und ihr habt mir den Mut gegeben, selbst in meinem Unternehmen ein Frauennetzwerk zu gründen. Jetzt ein Jahr später habe ich das geschafft. Danke!“ Feedback wie dieses gibt mir selbst wiederum sehr viel Mut und Energie für meine Arbeit. So kann nach und nach auch die hohe Zahl der Frauen, die die IT verlassen, reduziert werden.

Frauen verlassen IT
Zu viele Frauen verlassen ihren Job in der IT vorzeitig - oft wegen toxischer Arbeitsumgebungen. Bildquelle: Adobe Stock / NAMPIX.

Im Schnitt verlassen in den USA über 40 % der Frauen innerhalb von 10 bis 15 Jahren die Tech-Branche, verglichen mit 17 % der Männer. Damit ist die Quote mehr als doppelt so hoch wie bei Männern. Das liegt nicht zuletzt an toxischen Arbeitsstrukturen. Um diese zu überwinden, braucht es sichere Räume, in welchen Frauen ihre Erfahrungen teilen und gehört werden. Gemeinsam mit unseren Partnern stärken wir solche Initiativen auch vor Ort in den Unternehmen, um damit Safe Spaces zu schaffen und Arbeitsumgebungen für Frauen attraktiver zu machen.

Herausforderungen und Lösungen bei der Förderung von Frauen in der IT

Zu oft aber fehlt es an den Grundlagen, der Förderung von Frauen im MINT-Bereich bereits im Kindesalter. Leider hält sich generell die Begeisterung in Deutschland für MINT-Fächer seit Jahren in Grenzen. Hier würde ein flächendeckendes Pflichtfach Informatik an Schulen helfen. Das war bereits eine unsere Forderungen in unserem 10-Punkte-Plan für ein zukunftsfähiges Deutschland zur Bundestagswahl 2022. Dafür bedarf es neuer Quereinstiegsmöglichkeiten für weibliche IT-Lehrkräfte. Hierzu haben wir auch eine Studie mit der Gesellschaft für Informatik durchgeführt, um diese sehr komplexen Wege klarer für die jeweiligen Bundesländer aufzuzeigen. Informatik-Lehrerinnen können dann als Multiplikatorinnen wirken, wenn sie IT als spannendes Thema vermitteln und Schülerinnen als Vorbilder dienen, mit denen sie sich identifizieren. Damit legen wir den Grundstein für ihre spätere Karriere in der IT.

Wo das staatliche Schulsystem noch Lücken offen lässt, können außerdem Summer-Camps und Programmierwettbewerbe helfen, um Mädchen früh für IT zu begeistern, ihre Fähigkeiten zu fördern und auch ihr Selbstbewusstsein im MINT-Bereich zu stärken. Aktuell arbeiten wir bereits mit verschiedenen Partnern wie Deloitte und BWINF (Bundesweite Informatikwettbewerbe) an Initiativen wie diesen. Auch die Universitäten und Hochschulen hierzulande müssen umdenken. Denn derzeit sind nur 22 Prozent der Informatik-Studierenden in Deutschland weiblich. Hier braucht es auch speziell zugeschnittene Studienangebote, denn Frauen interessieren sich häufiger für Kombinationsfächer wie Wirtschaftsinformatik oder Informatik mit Psychologie.

Eine der größten Herausforderungen besteht darüber hinaus nach wie vor darin, Frauen überhaupt richtig anzusprechen und für einen Job in der IT zu begeistern. Der erste Schritt ist die richtige Kommunikation in Stellenanzeigen und auf Führungsebene in den Unternehmen.

Eine einfache, aber wirkungsvolle Maßnahme ist es auch, Frauen, die bereits in der IT tätig sind, als Botschafterinnen nach vorne zu stellen. Frauen ziehen Frauen an – das ist wissenschaftlich belegt. Durch die Sichtbarkeit erfolgreicher Frauen in der IT fühlen sich andere Frauen mehr angesprochen und ermutigt, diesen Weg ebenfalls einzuschlagen.

Frauen ziehen Frauen an
Studien zeigen: Frauen ziehen Frauen an! Wenn Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen als Botschafterinnen einsetzen, können sie mehr Frauen für einen Job in der IT gewinnen. Bildquelle: Adobe Stock / Prostock-studio.

Unsere Pläne für die Zukunft

In Zukunft wollen wir die Sichtbarkeit von Frauen in der IT weiter erhöhen und auch unsere männlichen Unterstützer sichtbarer machen. Denn ohne deren Unterstützung geht es nicht, da die Branche noch immer stark männlich dominiert ist. Als nächstes steht unser bereits erwähntes Summer Camp Ende September an sowie unser Bühnen-Format auf dem Digital-Gipfel im Oktober in Frankfurt. Auf beides freue ich mich sehr!

Alle müssen jetzt anfangen, Veränderungen zu bewegen, um eine erfolgreiche Zukunft für die IT-Branche zu sichern – each and every one of us! Dabei ist es wichtig, Frauen in führende Positionen zu bringen, ihnen zu vertrauen und sie zu unterstützen, um die digitale Transformation hierzulande erfolgreich und divers zu gestalten und so die IT-Branche langfristig zu stärken.

Quelle Titelbild: Adobe Stock / Mikhail

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