04.08.2022

Um den anhaltenden Fachkräftemangel aufzufangen und an Effizienz zu gewinnen, wird bis 2025 jedes zweite Cloud-Rechenzentrum KI-gestützte Roboter einsetzen. So lauten die Prognosen des amerikanischen Marktforschungsunternehmens Gartner. Doch sind Roboter wirklich die Rettung?

Stundenlange Wartezeiten an den Flughäfen und verkürzte Öffnungszeiten in Restaurants und Biergärten rufen ausgerechnet zur Urlaubszeit wieder das Schreckgespenst des Fachkräftemangels hervor. Anders als in Touristik und Gastronomie, wo in der Pandemie viele Jobs abgebaut wurden, kannte die IT-Branche keine Verschnaufpause, ganz im Gegenteil hat sich der Fachkräftemangel dort in der Krisenzeit wegen des erhöhten B2B-Bedarfs sogar noch verstärkt. Und das bekommen auch die Cloud-Rechenzentren zu spüren. Daher geht wie in der Fertigungsindustrie da der Trend auch langsam in Richtung Automatisierung und Robotik.

Das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner sieht die Potenziale hier aber noch lange nicht ausgeschöpft. So zitiert das IDG-Magazin CIO den Research Vice President Sid Nag mit den Worten: „Die Lücke zwischen den wachsenden Server- und Storage-Volumina einerseits und den dafür verfügbaren Arbeitskräften im Data Center andererseits wird immer größer.“

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Prozesse in Rechenzentren werden immer komplexer, weil Unternehmen im zunehmenden Maße unterschiedliche Workloads in die Cloud verlagern. Bildquelle: Adobe Stock / creativeteam

Immer komplexere Prozesse verlangen komplexere Lösungen

Erschwerend komme noch hinzu, dass vor allem in den Rechenzentren die Prozesse immer komplexer werden, weil Unternehmen im zunehmenden Maße unterschiedliche Workloads in die Cloud verlagern. So entwickele sich die Cloud auch immer mehr zu einer Plattform, um verschiedene Technologien zu kombinieren und bereitzustellen, etwa 5G-Systeme oder Komponenten für Edge Computing, eine der Schlüsseltechnologien für das Industrial Internet of Things (IIoT).

Dabei gebe es in Rechenzentren eine Reihe von repetitiven (wiederkehrenden) Aufgaben, die auch intelligentere Roboter übernehmen können. Gartner geht daher in einer Pressemitteilung von November 2021 davon aus, dass bis 2025 rund die Hälfte der Rechenzentren Roboter einsetzt und somit 30 Prozent an Effizienz gewinnen wird.

Denn wie Nag sagt, sei ein Großteil der Arbeiten in klassischen Rechenzentren nicht nur ermüdend und komplex, sondern eben repetitiv. Das betreffe etwa die Kapazitätsplanung und das Anpassen von virtuellen Maschinen und Container-Umgebungen. Roboter sollen Menschen dabei nicht ersetzen, sondern ergänzen und entlasten.

Die wichtigsten möglichen Einsatzbereiche

Wie Nag weiter sagt, sind Data Center aus seiner Sicht der ideale Einsatzort, um Roboter und künstliche Intelligenz zu kombinieren. Konkret nennt Gartner vier Bereiche, in denen Roboter gepaart mit Machine Learning und künstlicher Intelligenz in den kommenden fünf Jahren verstärkt zum Einsatz kommen werden:

Server-Upgrades und Wartung: Wenn es darum geht, Server auszutauschen oder außer Betrieb zu nehmen, bedeutet das für die Beschäftigten oft Überstunden. Denn damit verbunden ist auch die Notwendigkeit, Festplatten zu löschen oder zu zerstören. Roboter könnten diese Aufgabe wesentlich schneller und effizienter erledigen, so Gartner.

Das Monitoring beziehungsweise Überwachen der Betriebstemperatur und anderer Parameter von Server-Racks ist oft aufwendig und mit Personaleinsatz verbunden. Roboter würden sich für das Monitoring und die Fernwartung oft besser eignen, weil ihnen auch die kleinsten Unregelmäßigkeiten nicht entgehen.

Security hat in Rechenzentren oberste Priorität und gilt als geschäftskritische Aufgabe, welche neben der physischen auch die digitale Sicherheit einschließt. Roboter könnten auf der physischen Ebene mehr Sicherheit schaffen, indem sie zum Beispiel über Wärmesensoren die Körpertemperatur von Mitarbeitenden oder die Kfz-Kennzeichen von Pkws auf dem Firmengelände erfassen.

KI und ML in Cloud-Prozessen kann helfen das bereits angesprochene Monitoring sowie die Kommunikation mit dem Fachpersonal zu vereinfachen, weil Mensch und Maschine dann praktisch eine (natürliche) Sprache sprechen. Davon profitieren würden unter anderem die sogenannten Site Reliability Engineers (SRE), die für die Funktionssicherheit in den Rechenzentren zuständig sind. KI- und ML-gestützte Roboter können auch aus Situationen oder Vorfällen lernen und so dazu beitragen, die Sicherheit und Effizienz komplexer IT-Umgebungen zu verbessern.

Fazit und Meinung

So wie in der Fertigungsindustrie und der Logistik schreitet der Einsatz von Robotern und intelligenten Systemen weiter voran. Denn einerseits werden sie immer besser, andererseits ist da der viel beklagte Fachkräftemangel, der viele Unternehmen einfach zwingt, die Automatisierung immer mehr voranzutreiben. Die IT-Industrie trägt zwar so wie Axians und Actemium sowie die Muttergesellschaft VINCI Energies viel dazu bei, solche Projekte zu realisieren. Sie hat aber trotz überwiegend hoher Gehälter mit am meisten unter dem Fachkräftemangel zu leiden.

Aber viel wichtiger ist, dass Robotern und Edge-Computern im IoT-Einsatz oft viel weniger entgeht als dem menschlichen Fachpersonal, das auch mal einen Schaden übersehen oder überhören kann. Insofern werden Roboter für das Monitoring in der Industrie wie auch in Rechenzentren eine immer wichtigere Rolle spielen. Die Frage ist nur, wie weit man Maschinen die Verantwortung übertragen kann. Denn im Zweifel werden wohl doch wieder Menschen einspringen und geradestehen müssen, wenn es zu einem Systemfehler oder sogar Totalversagen kommt.

Quelle Titelbild:  Adobe Stock / fotomek

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